Philosophie

Unverkennbar  -  wieder erkennbar

Walter Hanel - einer der ganz Großen seiner Zunft - Vorbild, Maßstab und zeichnender Philosoph.
Seine Zeichnungen haben Tiefgang, sind von Melancholie durchzogen, in aller Regel über den Tag hinaus weisend, von zeitloser Gültigkeit.
Er versteht es wie kein anderer mit seiner linearen Kunst - mit Feder und Tusche - die Zeit zu glossieren und den Menschen das satirische Zerrbild ihres Tuns um so deutlicher vor Augen zu führen. Er sieht seine Aufgabe darin, politisch komplizierte Zusammenhänge in ganz einfacher, aber knallharter Weise dem Leser verständlich zu machen.

Die Linie ist's!

Das Gespür für Situationskomik, für die heillose kleine Welt, für die zwischenmenschlichen Katastrophen und den Tanz in den Abgrund vibriert bei Walter Hanel in jeder Linie.

Ich habe immer die klare Linie gesucht, die ich von Beginn an beeinflussen und zum Ende führen kann. Ich will nicht mogeln.

Walter Hanel beim Zeichnen - Foto © Hein

Kritische Zeichner

- und Walter Hanel ist einer der eindringlichsten – sind keine Moralisten, ihre Bilderfindungen keine Moritaten. Sie übertreiben – das ist ihre Methode – und arbeiten mit dem Phänomen des Humors,
des Lachens, der Schadenfreude. In ihren Zeichnungen überholen sie die Wirklichkeit mit den verblüffenden Bildeinfällen einer auf Skepsis gegründeten Phantasie, in der Heiterkeit und Trauer gleichermaßen mitschwingen. Daraus erwächst die Irritation, die sich im Lachen des Betrachters löst. Aber „gelacht wird darüber, dass es eigentlich nichts zu lachen gibt“, merkte Adorno an, und genau dieser Widerspruch trifft den Wesenskern der Zerrbilder, die Wirklichkeit bloßstellen.

Witzig sein, das hat mit der Karikatur wenig zu tun. Ich bin nicht witzig, will es auch nicht sein.
Eine gute Karikatur sollte sehr komisch sein, und unmittelbar neben der Komik liegt pikanterweise die Tragik.

Walter Hanel in einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger

Verwandlung, Maskerade

- die wörtlich zu nehmende lineare Vernetzung von Mensch-Tier-Geschöpfen bis hin zu den doppelbödigen Tierdarstellungen mit durchaus (un)menschlichen Charakterzügen beanspruchen im Korpus der Zeichnungen von Walter Hanel einen exklusiven Platz. Da ist Hanels ganz besonderer Strich, der so unnachahmlich die Polit-Prominenz ins satirische Licht rückt. Nase, Augen, Mund – meist in dieser Reihenfolge, entwickeln sich die Charaktere aus ihren physiognomischen Eigenarten.

Porträts, zur Kenntlichkeit überzeichnet, nie zur Unkenntlichkeit verzerrt. Das ist Hanels Definition des „caricare“, die seine Zeichnungen von Beginn an bestimmt. Politik verpackt als bildlich genommene Redensart, als bare Münze im Wechselkurs von Dichtung und Wahrheit – Walter Hanels Bildmetaphern haben sich auf der Netzhaut der Betrachter eingenistet.

Unverkennbar wieder erkennbar!

Gisela Burkamp